Kundenmagazin takt


takt - Kundenmagazin DVG, EVAG und MVG (Verkehrsbetriebe der Städte Duisburg, Essen und Mülheim an der Ruhr

Aufgabe: Journalistische Berichterstattung

Umfang: Artikel, monatlich zwischen 2013 und 2015

Auftraggeber und Gestaltung: EVAG Essener Verkehrs-AG (heute Ruhrbahn), Essen

Textauszug: 

 

Glücksgefühle

Natürlich steht auch hier die Zeit nicht still, aber sie kann einem schon mal verloren gehen – um auf den berühmten Namensgeber und Romancier Marcel Proust anzuspielen. Denn in der Buchhandlung proust fällt es nicht schwer, Zeit und Raum zu vergessen und sich entspannt dem Stöbern, Lesen oder Musikhören hinzugeben. Und das bei Kaffee, selbstgebackenem Kuchen oder einem Glas Wein. Was braucht es mehr zum Glücklichsein? takt zu Besuch in der Institution für Literatur in Essen. 

 

„proust ist mehr als eine Buchhandlung. Wir wollen alle Sinne unseres Publikums ansprechen“, erläutert Peter Kolling Konzept und Hintergrund der kleinen feinen Buchhandlung unweit des Hauptbahnhofes. Zusammen mit Beate Scherzer führt er proust seit inzwischen neun Jahren. Und das Konzept geht auf: Nicht nur das Stammpublikum genießt die angenehme persönliche Atmosphäre und qualifizierte Beratung, die diese Buchhandlung auf dem von großen Buchhandelsketten dominierten Markt auszeichnet. 

Längst ist proust aber auch mehr als die Oase der Ruhe, Inspiration und des Genusses, in der abseits vom Trubel der Kettwiger Straße allein das gute Buch im Zentrum steht. Die erste Adresse für literarisch Interessierte hat sich als Ort ausgesuchter Kulturveranstaltungen weit über Essen hinaus einen Namen gemacht. Ob Lesungen, Literaturabende, Ausstellungen – aktuell sind Fotografien Pina Bauschs zu Beginn ihrer Wuppertaler Zeit zu sehen – oder Konzerte erlesener Virtuosen aus Jazz und zeitgenössischer Musik, die engagierten Betreiber von proust machen, woran sie selbst Freude haben. Neben dem CD-Shop im eigenen Laden wie auch in der Philharmonie veranstalten sie die Reihen „Lesart“ in Kooperation u. a. mit dem Deutschlandradio Kultur und dem Kulturwissenschaftlichen Institut, „Literatur im Folkwang“ in Zusammenarbeit mit dem Schreibheft oder „All that Jazz“, einen kurzweiligen Abend mit dem Jazz-Kritiker Berthold Klostermann. Nächster Termin hierfür ist der 20.11.

Mit ganzem Herzblut bei der Sache haben Peter Kolling und Beate Scherzer ein sicheres Gespür für die Themen der Zeit und lassen sich auch inhaltlich nicht einschränken. So hat die ehemalige Auszubildende Jessica Lehmann bereits mehrfach erfolgreiche „Schimmernächte“ – Poetry Slam-Abende mit Musik – durchgeführt, die junges Publikum aus dem ganzen Ruhrgebiet anziehen, und der nächste Lesart-Abend am 25.11. trägt den Titel „Der Dschihadist von nebenan“. Diese Bandbreite hat einen lebendigen, vielseitigen Charakter, der mehr als nur einen unserer Sinne beansprucht. Prost, äh proust!

 

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Wirtschaft! Wunder! 

Prominente Gäste aus aller Welt und eine Dior-Modenschau in der Villa Hügel oder der Blick in gigantische Werkshallen: In ihrer neuen Ausstellung mit dem Titel „Wirtschaft! Wunder! Krupp in der Fotografie 1949-1967“ bündelt die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung unterschiedliche Themen dieser Zeit, die eines gemeinsam haben: Sie spiegeln die Aufbruchstimmung, Hoffnung und Dynamik von damals wider und machen den Anteil deutlich, den die Firma Krupp daran hatte. 

 

Das Schicksal von Krupp schien nach Kriegsende besiegelt: Der  Unternehmensnachfolger Alfried Krupp von Bohlen und Halbach saß als Kriegsverbrecher in Haft, das Vermögen war beschlagnahmt und 70 Prozent des Industriebesitzes lagen in Schutt und Asche. Doch Begnadigung, Wiederaufbau und der rasche Aufstieg brachten die Wende und sorgten für das „Kruppsche Wunder“: In den frühen 1950er Jahren wurde das Unternehmen wieder zum Aushängeschild der deutschen Wirtschaft und bereits 1958 zum umsatzstärksten in Deutschland.

Dieses sagenhafte Comeback des Essener Stahlkonzerns, aber auch seine beeindruckenden Produkte wie die stählerne Tauchkugel für die Tiefseeforschung oder Ausstellungen wie „5000 Jahre Ägyptische Kunst“ sorgten für internationale Aufmerksamkeit in Gesellschaft und Medien. Und erhöhten die Nachfrage nach neuen Bildern des traditionsreichen Unternehmens. 

114 seines 300.000 Fotografien umfassenden Archivs sind nun, teils zum ersten Mal in der Ausstellung zu sehen und laden zu einer Zeitreise in die 50er und 60er Jahre ein. Im VW-Käfer, Petticoat oder vor dem Fernseher kommt darauf nicht nur das neue Lebensgefühl des deutschen Wirtschaftswunders zum Ausdruck. Sie zeigen auch den zum Helden stilisierten Stahlkocher beim funkensprühenden Kokillenguss und geben Einblick in Hüttenwerk, Schmiede oder die Bremer Schiffswerft. 

Neben den eigenen Werksfotografen, die Krupp seit den 1860er Jahren regelmäßig beschäftigte, besuchten herausragende Reportagefotografen der damaligen Zeit die Krupp-Werke, darunter der Magnum-Fotograf Erich Lessing und internationale Größen wie René Burri, Fritz Henle, Robert Lebeck und Albert Renger-Patzsch. Sie begründeten eine neue Bildsprache und porträtierten ebenso den stolzen „Kruppianer“, den die Neue Illustrierte 1961 einen Tag lang begleitete, wie den „schönsten Kapitalisten“, als den der Stern Berthold Beitz 1963 charakterisierte. Alles in allem ein kurzweiliger Bilderparcours, der uns den spannungsreichen Wandel der Nachkriegszeit vor Augen führt.